Professurenporträt: Veronika Wöhrer (Bildungswissenschaft)

In dieser neuen Reihe beschreiben Professor*innen der Fakultät für Philosophie und Bildungswissenschaft ihre Aufgaben und Zielvorstellungen.

Frau Professor Veronika Wöhrer wurde im September 2020 für die Professur für Bildung und Ungleichheit berufen – ein Thema, das jetzt in Pandemiezeiten auch vermehrt in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gerückt ist. Im Folgenden spricht sie über Ihre Aufgaben und Pläne.

Was sind die Ziele und Schwerpunkte Ihrer Professurenstelle?

Meine Professur trägt den Titel „Bildung und Ungleichheit“ und dementsprechend befasse ich mich mit sozialer Ungleichheit in Bildungsprozessen und Bildungsinstitutionen. Dabei versuche ich bzw. versuchen wir im Arbeitsbereich eine intersektionale Herangehensweise an Ungleichheit zu erarbeiten, d. h. wir analysieren nicht vorrangig soziale Herkunft, Geschlecht oder Migration, sondern berücksichtigen Verbindungen und Wechselwirkungen zwischen diesen Differenzen und untersuchen, wie diese in Bildungsprozessen wirksam gemacht werden. Ziele sind neben der Analyse von Ungleichheiten auch Reflexionen des eigenen Zugangs und Veränderungen in Richtung inklusivere Bildung zu erreichen.


Was sind konkrete Projekte, und wer arbeitet da?

Derzeit laufen bei uns im Arbeitsbereich zwei größere Projekte: „CoAct“ und „Wege in die Zukunft“. „Co-designing Citizen Social Science for Collective Action (CoAct)“ ist ein Projekt, das von der EU im Rahmen des Programmes Horizon2020 gefördert wird, in dem unser Team an der Uni Wien partizipative Forschungsprojekte mit Jugendlichen durchführt, die sich in Maßnahmen der Ausbildung bis 18 Jahre befinden. Ziel ist dabei, die Maßnahmen aus Sicht der Jugendlichen zu analysieren und mit den Verantwortlichen Veränderungen zu diskutieren und umzusetzen.

„Wege in die Zukunft“ wird in Kooperation mit dem Institut für Soziologie durchgeführt und ist eine mixed-methods Längsschnittstudie, in der Jugendliche nach dem Abschluss der Neuen Mittelschule fünf Jahre lang zu unterschiedlichen Themen befragt werden.

Mit mir im Arbeitsbereich sind eine PostDoc- und zwei PraeDoc-Assistentinnen sowie drei Projektmitarbeiterinnen.


Wie sehen Ihre Pläne für 2022 aus?

Heuer befinden sich die beiden großen Projekte in der Abschlussphase, d. h. es wird zwei Abschlusskonferenzen im Herbst geben sowie Sammelbände und Sondernummern von Zeitschriften, an denen derzeit gearbeitet wird und die noch 2022 erscheinen sollen. Zudem wollen wir die Forschungswerkstatt für partizipative Forschung, die erstmals heuer im Februar stattfinden wird, zu einer wiederkehrenden Veranstaltung verstetigen. Derzeit in Planung befindliche Forschungen sollen auch ein größeres Augenmerk auf Ungleichheit in außerschulischer Bildung werfen.


Wieso haben Sie sich gerade für dieses Feld entschieden?

Auswirkungen von Ungleichheitsverhältnissen auf Bildungsprozesse haben mich schon früh interessiert, auch weil ich selbst – als eine Person, deren Weg zu höherer Bildung nicht vorgezeichnet war – schon früh darauf gestoßen wurde. Dass im Gymnasium mit Normvorstellungen operiert wird, denen einige von uns Schüler*innen nicht entsprochen haben, war schnell zu spüren. Der von mir verfolgte Weg, innerhalb eines Systems zu bleiben und zu bestehen, in dem ich eigentlich gar nicht mitgemeint war, war sehr ambivalent und herausfordernd. Dass dies nicht nur Einzelpersonen betrifft, sondern insgesamt wichtige gesellschaftliche und politische Fragen aufwirft, wurde mir zunehmend klarer. Daher war es naheliegend, mich damit auch wissenschaftlich auseinanderzusetzen.