Im Rahmen ihres FWF-Projekts führen Sie eine Studie zu den Deutschförderklassen in Österreich durch. Worum geht es Ihnen dabei genau?
Im Rahmen des Forschungsprojekts wird der Frage nachgegangen, wie sich Schüler*innen mit Migrationsbiographie und Fluchthintergrund in Deutschförderklassen und Deutschförderkursen akademisch, sozial, emotional und sprachlich entwickeln. Das Ziel des Projekts ist es, zu verstehen, wie Kinder in den Deutschförderklassen den Unterricht und den schulischen Alltag erleben. Auch soll die Perspektive der Lehrkräfte erforscht werden. Dabei nehmen wir auch den Übergang zwischen Deutschförderklasse und Stammklasse in den Blick und untersuchen, wie dieser besser gelingen kann. Um einen guten Einblick in die Deutschförderklassen und Deutschförderkursen in Wien zu erhalten, werden sowohl quantitative als auch qualitative Methoden angewendet.
Was sind die größten Herausforderungen?
Die größte Herausforderung ist – wie in vielen Forschungsprojekten – die Umsetzung des Forschungsdesigns: Wir forschen mit Kindern, insbesondere mit mehrsprachigen Kindern. D. h. wir werden kindgerechte Methoden anwenden und in einem mehrsprachigen Forschungsteam arbeiten. Außerdem sieht unser Forschungsdesign vor, dass wir sowohl in der Primarstufe (Volksschule) als auch in der Sekundarstufe 1 (Mittelschule) Daten erheben. Das bringt mich zu einer weiteren Herausforderung: die Zusammenarbeit mit Schulen, denn Schulleitungen und Lehrpersonen sind aufgrund der Coronapandemie ohnehin mit vielen Zusatzaufgaben belastet, sodass eine Teilnahme an einem Forschungsprojekt womöglich schwierig ist.
Was ist das Ziel Ihres Projekts?
Letztendlich geht es darum aufzuzeigen, in welchen Punkten das aktuelle Fördermodell (separierte Deutschförderung) tatsächlich ein geeignetes Konzept darstellt. Zudem sollen Gelingensbedingungen und Herausforderungen/Problemstellen identifiziert werden.
(Wie) spielen die aktuellen Entwicklungen in Ihre Forschung hinein?
Grundsätzlich ist es problematisch, dass aktuell bildungspolitische Entscheidungen nicht auf wissenschaftlicher Evidenz beruhen. Die Deutschförderklassen wurden flächendeckend eingeführt - eine Evaluation gab es im Vorfeld nicht. Wir möchten nun Ergebnisse liefern, um eine stärkere Einbeziehung von wissenschaftlicher Evidenz in zukünftige bildungspolitische Entwicklungen zu unterstützen. Ganz aktuell gehen wir auch davon aus, dass ab Herbst 2022 vermehrt Kinder aus der Ukraine die Wiener Deutschförderklassen besuchen werden. Diese sind zwar schulisch sozialisiert, haben aber eine andere Schriftsprache und höchstwahrscheinlich keine Deutschkenntnisse, wenn sie in Österreich ankommen.
Wo kann man mehr über den aktuellen Forschungsstand in dem Bereich erfahren?
- Gitschthaler M., Erling, E. J., Stefan, K., & Schwab, S. (2022). Teaching Multilingual Students during the COVID-19 Pandemic in Austria: Teachers’ Perceptions of Barriers to Distance Learning. Frontiers in Psychology, 13:805530. (https://doi.org/10.3389/fpsyg.2022.805530)
- Erling, E.J., Gitschthaler, M., & Schwab, S. (2022). Is Segregated Language Support Fit for Purpose? Insights From German Language Support Classes in Austria, European Journal of Educational Research. (https://www.eu-jer.com/is-segregated-language-support-fit-for-purpose-insights-from-german-language-support-classes-in-austria)
- https://www.eu-jer.com/is-segregated-language-support-fit-for-purpose-insights-from-german-language-support-classes-in-austriaVideo: "Deutschförderklassen: Motiviert, aber separiert" (https://www.derstandard.at/story/2000133807750/motiviert-aber-separiert-die-schwaechen-der-deutschfoerderklassen?ref=article)